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28.09.2010, 10:56 Uhr
Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf beim Tag der Heimat im Lahn-Dill-Kreis
Ziegler-Raschdorf: „Landesregierung hat die Heimatvertriebenen in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft zurückgeholt“
Beim Tag der Heimat 2010 des BdV- Orts- und Kreisverbandes Wetzlar im sehr gut besuchten Bürgerhaus in Wetzlar-Büblingshausen bekundete die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, ihre Verbundenheit mit den Heimatvertriebenen im Lahn-Dill-Kreis und überbrachte die herzlichen Grüße der Hessischen Landesregierung, insbesondere von Ministerpräsident Volker Bouffier und Sozialminister Stefan Grüttner. Die hessische Landesregierung habe die Heimatvertriebenen im letzten Jahrzehnt in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft zurückgeholt. In ihrer Festrede bei der Veranstaltung unter dem Motto „Durch Wahrheit zum Miteinander“ erinnerte sie daran, dass der Tag der Heimat seit 1950, dem Jahr der Verkündung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen begangen werde. Es sei der Tag, um ein Bekenntnis zur Freiheit, zum Recht, zum Selbstbestimmungsrecht und zum Recht auf Heimat abzugeben.
Foto: Zum Abschluss der Veranstaltung gemeinsam auf der Bühne von rechts: OrtsverbandsvorsitzendeRosemarie Kretschmer, Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf, Kreisverbandsvorsitzender Manfred Hüber mit Mitgliedern der Egerländer Tanzgruppe Braunfe

Frau Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf ging in ihrer Rede ausführlich auf die 60. Jahrestage der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ und des „Wiesbadener Abkommens“ ein. Mit diesen Dokumenten hätten die Heimatvertriebenen bereits kurz nach Kriegsende mit der Absage an Rache und Vergeltung ein Zeichen der Versöhnung gesetzt und ein Bekenntnis zu einem einigen Europa abgelegt. „Es kann wohl festgestellt werden, dass die deutschen Vertriebenen den selbstgestellten Ansprüchen und Aufgaben der Charta und des Wiesbadener Abkommens in den vergangenen 60 Jahren gerecht geworden sind“, so die Landesbeauftragte.

„Ich bin aus tiefem Herzen dankbar, dass man die deutsche Geschichte der vergangenen 65 Jahre an vielen friedlichen Dingen festmachen kann, so das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das nordatlantische Bündnis, den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, die Entscheidung für die Europäische Union und natürlich die deutsche Einheit. Zu diesen Ereignissen gehört nach meiner festen Überzeugung auch der 5. August 1950 mit der Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Sie ist ein Gründungsdokument der Bundesrepublik für Stabilität und Einigkeit. Hätten sich die Heimatvertriebenen an diesem Tag für einen anderen Weg entschieden, für einen Weg der Gewalt, so sähe Deutschland heute anders aus und hätte eine andere Entwicklung genommen. Die Vertriebenen haben sich in einem beeindruckenden Akt der Selbstüberwindung für den Weg des Friedens und des Miteinanders entschieden. Wir alle sind den Schöpfern der Charta dankbar und auch allen Vertriebenen, die diese Charta damals akzeptiert und unterstützt haben“, stellte Frau Ziegler-Raschdorf fest.

Nicht nur die Fraktionen von CDU und FDP hätten einen Antrag im Hessischen Landtag eingebracht, der die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen und das „Wiesbadener Abkommen“ ins Bewusstsein rückt. Auch die CDU-Fraktion des Lahn-Dill-Kreises habe den Kreistag in Form einer Resolution gebeten, auch öffentlich ein Zeichen zu setzen, damit deutlich werde, welch wichtiges und menschlich großes Signal in dieser damals aufgewühlten Zeit durch die Charta gesandt wurde.

Die nach wie vor geltenden Benes-Dekrete seien unter Beachtung des europäischen Wertekanons eine unzulässige Form der Kollektivhaftung und ein klarer Wiederspruch zu den individuellen Menschenrechten und dem Verständnis, das darauf aufbaut. Sie würden der Versöhnung im Weg stehen und Wunden offen halten, die danach rufen, endlich verheilen zu können. Es gebe neuerdings hoffnungsvolle Ansätze, dass nunmehr in der tschechischen Bevölkerung selbst die Forderung erhoben werde, über die Grausamkeiten, die nach dem Krieg an den Sudetendeutschen verübt wurden, Klarheit zu bekommen. Der jüngst im ZDF ausgestrahlte Dokumentarfilm „Töten auf tschechisch“ zeige, dass sich die Wahrheit auf Dauer nicht verstecken lasse.

„Wichtig ist, dass Deutschland und die östlichen Nachbarländer mit den historischen Tatsachen des Verbrechens der Vertreibung von 15 Millionen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg offen und ehrlich umgehen. Wir Deutschen haben in vorbildlicher Weise und von allen Staaten dieser Welt anerkannt unsere nationalsozialistische Vergangenheit aufgearbeitet und bekennen uns zu unserer Verantwortung. Die Vertriebenen können letztlich erst dann zur Ruhe kommen, wenn dies für das Unrecht der Vertreibung in gleicher Weise geschieht. Ein Land, dass sich beim Umgang mit seiner eigenen Geschichte nicht auf eine einvernehmliche nationale Sichtweise verständigen kann, darf sich nicht wundern, dass Polen, Tschechien und andere Länder damit Probleme haben“, betonte die Landesbeauftragte.

Als unser Land vor über 60 Jahren in Trümmern lag, da seien es die Flüchtlinge und Heimatvertriebenen gewesen, die in Hessen und Deutschland mit angepackt und beim Wiederaufbau geholfen hätten. Dies wäre alles nicht möglich gewesen, wenn die Heimatvertriebenen neben ihrer Aufbauleistung nicht auch die Bereitschaft gezeigt hätten, sich in das gesellschaftliche und politische Leben zu integrieren. Ohne die Heimatvertriebenen wäre Hessen nicht dort, wo es heute ist.

„Lassen Sie mich zum Abschluss dem Bund der Vertriebenen und den Landsmannschaften für das große Engagement zum Wohl der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler herzlich danken. Ihnen, die Sie in den vergangen Jahrzehnten die Vertriebenenarbeit hier im Orts- und Kreisverband Wetzlar des Bundes der Vertriebenen geprägt haben, danke ich ausdrücklich im Namen der Hessischen Landesregierung. Stellvertretend darf ich Ihre Ortsverbandsvorsitzende Rosemarie Kretschmer und Ihren Kreisverbandsvorsitzenden Manfred Hüber nennen“, so Margarete Ziegler-Raschdorf.

Beim Tag der Heimat in Wetzlar sprachen Oberbürgermeister Dette, Erster Kreisbeigeordneter Hofmann und Landtagsabgeordneter Irmer Grußworte. Die Veranstaltung wurde von der Ichelhäuser Blaskapelle, der Egerländer Tanzgruppe Braunfels und dem Münchholzhäuser Singkreis musikalisch umrahmt.