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Neuigkeiten
03.09.2020, 15:05 Uhr
Gedenken an den Erlass zur Deportation und Verbannung der Deutschen in Russland vor 79 Jahren
Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf bei Kranzniederlegung am Gedenkstein der Wolgadeutschen am Rheinufer in Wiesbaden-Biebrich
Wiesbaden, 03. September 2020 - Zum Gedenken und zur Erinnerung an den 79. Jahrestag des Stalin-Erlasses legte der Bundes- und Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Johann Thießen, gemeinsam mit der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, ein Blumengebinde am Gedenkstein der Wolgadeutschen am Rheinufer in Wiesbaden-Biebrich nieder.

Zwei Monate nach Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges veröffentlichte das Präsidium des Obersten Sowjet am 28. August 1941 den Erlass „Über die Übersiedlung der Deutschen, die in den Wolgarayons wohnen“. In diesem Erlass wurde den Deutschen in der Wolgarepublik und in der Folge allen Deutschen in der Sowjetunion aktive Unterstützung der deutschen Truppen vorgeworfen, was die Sowjetregierung zu „Strafmaßnahmen“ in Form von „Umsiedlungen“ in Gebiete östlich des Urals gezwungen habe. In der Durchführungsverordnung zu diesem Dekret war dann schon unverblümt von „Verbannung“ die Rede.

Bis Ende 1941 wurden behördlichen Angaben zufolge rund 800.000 Personen aus dem europäischen Teil der Sowjetunion nach Kasachstan und Sibirien „umgesiedelt“, darunter rund 450.000 Wolgadeutsche. Diese Menschen mussten oft innerhalb weniger Stunden ihre Häuser und Wohnungen verlassen und sich mit Handgepäck bei den Sammelstellen einfinden. Dort wurden Frauen und Kinder von den Männern getrennt und zusammengepfercht in Güterwaggons in wochenlanger Fahrt in die Verbannungsgebiete deportiert. Infolge der unbeschreiblichen Verhältnisse beim Transport fanden sehr viele, vor allem Kinder und alte Menschen, den Tod. Männer zwischen 15 und 60 Jahren und Frauen, die keine Kinder im Alter unter drei Jahren zu versorgen hatten, kamen in Zwangsarbeitslager, in welchen die Insassen unter strengster Bewachung und unmenschlichen Bedingungen schwerste körperliche Arbeit verrichten mussten. Viele waren den unerträglichen körperlichen Strapazen und den unvorstellbaren seelischen Belastungen nicht gewachsen und starben vor Hunger und Erschöpfung.

Insgesamt wurden in den Jahren 1941 bis 1945 rund 1,1 Millionen Deutsche aus dem europäischen Teil der Sowjetunion in Gebiete östlich des Urals deportiert. Selbst die schon in Sibirien und im asiatischen Teil der UdSSR lebenden Deutschen wurden in Zwangsarbeitslager verschleppt und der Kommandantur unterstellt. Doch auch mit Kriegsende im Mai 1945 änderte sich das Schicksal dieser Menschen nicht. Im Gegenteil: Mit dem Dekret des Obersten Sowjet vom 26. November 1948 wurden die Deportierten auf „ewige Zeiten“ den Deportierungsorten zugewiesen – unter Androhung von Zwangsarbeit von bis zu 20 Jahren bei unerlaubtem Verlassen dieser Orte. So fristeten die Russlanddeutschen auch nach dem Krieg ein Leben als Arbeitssklaven, als Ausgestoßene, die nicht einmal eines Personalausweises würdig waren. Deutsch konnte ausschließlich in der Familie gesprochen werden. Die Kinder durften nur russische Kindergärten und Schulen besuchen; eine Weiterbildung war völlig ausgeschlossen.

Demzufolge ist der 28. August auf ewige Zeiten ein Trauertag für alle Deutschen aus Russland. Es gibt keine russlanddeutsche Familie, die nicht von diesem Schicksalstag betroffen wäre.

Bei der Kranzniederlegung hob Landesbeauftragte Ziegler-Raschdorf die besondere Patenschaftsbeziehung des Landes Hessen zu den Wolgadeutschen hervor: „Hessen unterstützt die Belange der Wolgadeutschen und der Russlanddeutschen in Hessen seit Jahrzehnten zuverlässig und in vielfältiger Weise – zum Beispiel bei der gesellschaftlichen und beruflichen Eingliederung sowie bei der Pflege ihrer reichen Kultur.“ Daher stehe das Land, vertreten durch die Landesbeauftragte, auch bei dem diesjährigen 79. Gedenken an das schlimmste Ereignis in der Geschichte der Russlanddeutschen fest an der Seite der Landsmannschaft.